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Manuela Wicher

Frostern!


Ich habe Ostern glatt vergessen. Es ist mein Lieblingsfest im ganzen Jahr und ich habe es vergessen. Als ich mir in einiger Panik schnell einen Osterstrauß holte, meinte Blumen – Sabine beschwichtigend: „Mir ging es ähnlich. Würde ich nicht im Blumenladen arbeiten, hätte ich Ostern dieses Jahr auch vergessen.“ Und: „Die Zeiten sind so seltsam geworden. Man wartet immer darauf, dass die guten Zeiten wiederkommen, aber alles wird nur noch komplizierter.“ Dann haben wir uns verabschiedet und uns gegenseitig Frohe Ostern gewünscht. „Bei den Temperaturen wird es wohl eher „Frostern“, habe ich den Witz meines Sohnes nachgeschoben. Blumen – Sabine hat höflich gelacht. Dann bin ich mit hochgezogenem Mantelkragen durch ein sanftes Schneegeriesel nach Hause gelaufen und habe mich geärgert, dass ich nicht mit dem Auto gefahren bin. Die Zweige waren lang, kakselig und schwer. Ich habe sie in die Vase gestellt und etwas lustlos die Deko – Eier drangehangen. Später habe ich nachgedacht.

Ja, auch ich glaube, dass die Zeiten seltsamer geworden sind. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben eine neue Wirklichkeit geschaffen. Es ist immer noch die Zeit von mentalen Grenzgängen. Ein ständiger Spurwechsel zwischen dem Annehmen der Dinge und dem Sich - Zurücksehnen nach den guten alten Zeiten. Offensichtlich lässt sich auch die Natur in diesem Jahr Zeit mit dem Erwachen, so gleichermaßen, wie die Welt in einem dösigen Irrsinn wogt. Wir sind Grenzgänger. Jeden Tag treffen wir die Entscheidung, welche Grenzen in unseren Köpfen verschoben werden. „Die Gedanken sind frei.“ Wir sind so frei, wie sie. Diese Tatsache macht mir wieder Mut.

In diesem Sinne wünsche ich dir eine gelungene Auferstehung, ein frohes Osterfest, oder, wie mein Sohn sagen würde: „FROSTERN!“

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