Durch den Äther
- Manuela Wicher
- 8. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Ich mochte noch nie großartig im Mittelpunkt zu stehen. Sobald ich vor Menschen reden muss, eine Kamera auf mich gerichtet ist oder man von mir erwartet, dass ich jetzt mal dies oder das präsentiere, sterbe ich ein kleines bisschen. Nicht, weil ich das nicht kann – fast alle Menschen sagen mir im Nachhinein, dass man mir meine Aufregung gar nicht anmerkt und ich das lässig gewuppt habe. Aber für mich spielt das keine Rolle. Denn ich empfinde jedes Mal aufs Neue Scham und Unbehagen. Dann beginne ich, an unpassenden Stellen zu lachen, versuche, manchmal vergeblich, aus einem gequälten Halblächeln ein echtes werden zu lassen und sage dann so Dinge, die ich unter normalen Umständen wohl nie gesagt hätte. Ich weiß, dass ich damit nicht allein bin. Aber ich habe nun mal einen Beruf, an dem es dazugehört, gesehen zu werden. Hat man ein Buch, oder mehrere, in die Welt geschickt, kann man sich nicht mehr unter seinem Stein verstecken.
Deswegen war ich erleichtert, dass das Interview bei Radio F.R.E.I. ein Podcast sein würde. Der Lesungsmitschnitt wurde schon bei der letzten Lesung an der Uni Erfurt aufgenommen, nun also noch ein bisschen mit dem wirklich sehr freundlichen Richard W. Schaefer von der „Bücherbar“ schwatzen. Spätestens an dem Punkt, als er mir sagte, dass er für das Gespräch ca. eine Stunde eingeplant hat, hätte mir dämmern müssen, dass auch ein Radiointerview ganz und gar nicht einfach und unkompliziert ist, nur weil man mein Gesicht nicht sieht. Ich bekam Fragen gestellt und musste darauf Antworten finden. Puh, das ist superkomplex, weil die Zeit zum Nachdenken irgendwie wegfällt. Nach mentalen Rückführungen in meine Kindheit, zu meinen Lehrern, meiner Studienzeit und meiner Zeit im Ausland begann mein Kopf wehzutun. Anstatt interessanter Lebenserinnerungen mit philosophischen Denkansätzen im Kopf, hämmerte da nur ein lautes „WANN IST ES ENDLICH VORBEI?“
Als wir später in einer kleinen Nische im Café „Rommel“ noch einen Kaffee getrunken haben, wurde mir klar, dass ich selten stolz auf meine Arbeit bin. Egal, wie lange ich daran gearbeitet habe, egal, wie viele Menschen meine Bücher kaufen und lesen, es kostet mich Überwindung, darüber zu reden. Die Wahrheit ist, wir müssen sehr oft neue Wege einschlagen, unseren inneren Schweinehund überwinden und offen für neue Möglichkeiten sein. Und noch so eine Sache: Je öfter man das macht, umso weniger Angst jagt es einen ein. Bald gibt es den nächsten Podcast bei Radio „F.R.E.I.“ zu „Als wir schwebten“, ich muss bloß noch meinen inneren Schweinehund überlisten.
Frei, unerschrocken und erwartungsvoll, so darf das Leben sein. Wir sind alle nicht für die Ewigkeit gemacht, also.
Von Herzen, eure Manu W.
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